Haushaltsrede von Heinz Frey im Stadtrat vom 25.06.2015

Rede von Heinz Frey im Stadtrat anlässlich der Verabschiedung des Haushaltes 2015 und des HSK bis 2023

Dass Jülich eine katastrophale Haushaltslage hat, ist landesweit bekannt, aber vielleicht einigen in Jülich immer noch nicht.
Das Ganze in Zahlen:

  • Im Jahr 2000: 2600 €
  • 2010: 3575 €
  • 2013: 4691€
  • 2014: 4843€ Schulden pro Kopf .

Das macht in Summe 155.783.391 Mio. Euro, mit Stand 31.12.2014 – jetzt ist diese Summe schon wieder um gut 12.Mio höher (73,9 Mio./93,55 Mio.)

Damit liegt Jülich im Aachen-Heinsberg-Dürener Raum an der Spitze, landesweit ganz weit vorne.
Es stellen sich vier Fragen:

  1. Woran liegt das?
  2. Wer ist verantwortlich?
  3. Wie gehen Entscheidungsträger damit um – was tun sie dagegen?
  4. Was tun wir von der UWG-JÜL?

Woran liegt das? Die Gründe also:

Lassen Sie mich mit einer harmlosen Haushaltsstelle beginnen, fast eine Lächerlichkeit, aber symbolisch: Im Haushalt stehen 3000 Euro Transportkosten im Bereich Schulverwaltung zur externen Vergabe. In der Begründung steht: „In der Vergangenheit erfolgten Transporte durch den Bauhof; dieser kann solche Aufgaben aber aufgrund fehlender personeller Ressourcen künftig nicht mehr leisten, so dass Aufträge an Fremdfirmen zu vergeben sind.“Jülich schließt Spielplätze und reduziert damit den Aufwand, aber 3000 Euro Transport gehen dann nicht. Welchem Bürger, welchem Unternehmer wollen sie das verständlich machen, erst recht, wenn sie gleichzeitig die Steuern erhöhen.

Damit komme ich zu den hausgemachten Problemen, aber nur in Auszügen, weil sie jeder kennt.

Das ganze Realschuldrama entwickelt sich zum Fass ohne Boden – Millionen hat Jülich hier fehlinvestiert – und das Ende ist nicht abzusehen.

  • Zum KGS – Neubau mit 8,5 Mio. muss ich nichts mehr sagen außer fragen: Wer baut heute noch neue Schulen? (Die Hinweise aus dem Schulentwicklungsplan spare ich mir)
  • Das RS Chaos geht weiter. Gab es damals die Gegenrechnung mit dem Verkauf der absolut maroden Realschule als Filetstück zum Neubau KGS. Die Stadt Jülich hat bisher keinen Euro Verkaufserlös erzielt. Ganz im Gegenteil, es werden mehrere hunderttausend Euro Aufwand für Umzüge, Umbauten, etc. ausgegeben. Antworten auf Brandschutz und Instandsetzung gibt es nicht. Millionensummen kommen also noch auf Jülichs Steuerzahler zu!Ich sagte ja: ein Fass ohne Boden.
  • Und dann der Umzug aus dem Kulturhaus – Wiederum werden nur Kosten produziert. Das Kulturhaus wird ja nicht aufgegeben, also zusätzlich zur alten Realschule weiter bewirtschaftet. Wo ist der Einspareffekt?
  • Im Gegenteil, die VHS verbraucht jetzt mehr Geld, da sie komplett eigene Räume hat.
  • Der hochgelobte Umzug ist eine aus der Not geborene teure Lösung.

Die Gründe für die Haushaltsmisere lassen sich auf drei Dinge zusammenbringen:

  1. Jülich hat noch immer keinen Plan,
  2. …zu hohe und unnötige Standards,
  3. …kein Personalentwicklungskonzept.

Erlauben Sie mir zum letzteren noch ein Wort. Demografischer Wandel, Entwicklung von Schülerzahlen, Entwicklung von Bau- und Gewerbegebiete und nicht zuletzt Schuldenentwicklung… all das muss sich in einem ordentlichen Personalentwicklungskonzept wiederfinden – in Jülich gibt es das nicht und zu Recht setzt da die Rüge der Kommunalaufsicht an. Gemeindeprüfungsanstalt und Kommunalaufsicht rügen das (Zitat: Haushaltsgenehmigung 22.09.2014:

 

hinweis

 

Bei der Quote für Infrastrukturerhaltung liegt Jülich ganz weit unten. (zwischen 29 und 110 Euro/Kopf liegt Jülich mit 35 Euro weit unten.),
…viele weitere Dinge spare ich mir, hier aufzuzählen.

Zusammengefasst heißt dies: Kosten steigen, Leistungen sinken – Bürger zahlen – Politik und Verwaltung versagen

Wer ist verantwortlich? – das ist schnell gesagt.

Der letzte Bürgermeister, der gespart hat, war Heinz Schmidt – ich glaube er hat seiner Partei mittlerweile den Rücken gekehrt.
Verantwortlich sind diejenigen, die seit dem in wechselnden Mehrheiten die politische Verantwortung tragen und Steuern erhöhen und neue Abgaben beschließen.

Verantwortlich ist auch die Verwaltung, die seit Jahren keine andere Antwort kennt als Steuererhöhungen und Personalmangel, die Jahresrechnungen verspätet vorlegt, die die Haushaltseinbringung verschiebt.

Klar ist, dass alle, die für die Haushaltsmisere die Verantwortung tragen, uns wieder als unbelehrbar beschimpfen und die Sachlage völlig anders darstellen. Ja was sollten sie auch anders tun.

Aber die dargestellte Entwicklung und die Zahlen geben uns – leider – Recht.

Wie gehen Entscheidungsträger damit um – was tun sie dagegen?
Nichts – wäre zu einfach. Es ist noch schlimmer.

Anträge oder Ansätze zur Haushaltskonsolidierung von CDU und SPD sind nicht wirklich erkennbar.

Und es immer nur damit zu erklären, dass Kreis, Land, Bund und EU an allem schuld sind, ist zu einfach. Außerdem sitzen genau da die Parteifreunde, also die Vertreter der örtlichen Verantwortungsträger.

Erlauben Sie mir an dieser Stelle auch nur ein Beispiel, dass das Chaos weiter geht.

Merscher Höhe: Die Restfläche incl. der Gebäude wurde seinerzeit für 2 Mio. Euro gekauft mit der Aussage, dass damit 1,2 Mio. geplante Container nicht nötig werden. Geplant war also die Unterbringung der Flüchtlinge und Asylbewerber. Und wenn heute dann Argumente kommen, dass das ja viel zu weit weg sei von der Innenstadt, das war damals schon bekannt und die Container sollten gar noch weiter weg, nach Mersch! Da hat sich niemand hier aufgeregt, es gab sogar schon Lösungsansätze.

Wir von der UWG-JÜL haben immer wieder geraten dem Herrn Bollmann gegenüber mit gebotener Skepsis zu begegnen: erst Freizeitpark, dann Chinesische Firmen, dann Solarpark, dann Flüchtlingsunterkunft – und jetzt: ein teurer Leerstand für 2 Mio. Euro! Wenn wir nicht massiv dagegen gesprochen hätten, wären deutlich höhere Summen gezahlt worden.

Jetzt mietet Jülich ein Hotel und das Kreiswehrersatzamt an.
Ergebnis: Jülich zahlt jetzt fast 200.000 Miete zusätzlich, pro Jahr. Das Geld ist einfach weg. Bei der aktuellen Zinslage hätte man beide Gebäude kaufen können und abzahlen können, oder sogar neu bauen können. Das wäre Stadtentwicklung und Haushaltskonsolidierung.

Und da setzt unsere Vorstellung von der JÜL an.

Was tun wir von der UWG-JÜL?

Immer wieder haben wir vor dem Realschulchaos gewarnt und alternative Wege aufgezeigt.

Auf meine Frage, wer wann darüber informiert hat, dass beim Verkauf der Realschule noch 4,3 Mio. Restwert abzuschreiben sind, habe ich bis heute keine Antwort erhalten.

Keine Antwort hat Herr Trzolek bis heute, trotz dreifacher Nachfrage im Ausschuss, welchen Betrag die JUFA an den Brückenkopfpark abführt – auch hier liegt Einsparpotential.

Statt dessen leisten wir leisten uns zwei Geschäftsführer für den Brückenkopfpark – wir haben davor ausdrücklich gewarnt. Die Mehrheit hat anders entschieden und trägt dafür die Verantwortung.

Und sie fragen uns nach Sparvorschlägen –

Aktuell nochmal die jüngste Fehlentscheidung: Merscher Höhe: 2 Mio. Leerstand.

Zum Glück konnten wir von der UWG-JÜL die Dichtheitsprüfung abwenden und haben den Bürgerinnen und Bürger Jülich viel Geld gespart. Ratsmehrheit und Verwaltung haben das Gegenteil getan. Wieviel Verwaltungskosten sind hier unnötig aufgewandt worden?

Dass es anders geht haben wir mehrfach bewiesen: mit dem neuen Satteldach für Feuerwehrhaus in Mersch – und es hält. Heute noch und in 50 Jahren. Und zu allem kommt dann noch, dass es kein Jülicher Unternehmer machen durfte, obwohl er günstiger war.

usw., usw. – Beispiele, wie Sparen geht, gibt es: Sportplatz Welldorf, Schützenhalle Barmen, Bürgerhalle Broich…

Und die Initiative der Jülicher Vereine zur Stadthalle wurde sang und klanglos fallen gelassen… mit großen Plänen, die dann platzten. Jetzt muss Jülich mehrere hunderttausend Euro aufwenden, wenn die Halle erhalten und weitergenutzt werden soll.

Wir haben dafür plädiert Stadtentwicklung und Stadtmarketing in eine Hand zu legen. Jetzt halten wir hier doppeltes Personal und mit dem Brückenkopfpark dreifaches Personal vor.

Und dann zum letzten Beispiel: Standard absenken, das haben wir immer wieder gefordert – Man könnte es so formulieren: Die Jülicher Haushaltsmisere ist in Stein gemeißelt.

Vergleichen Sie die Feuerwehrhäuser in Selgersdorf und Körrenzig/Glimbach: 600.000 € Differenz.

Und wenn wir von unserer Fraktion nun hingehen und speziell dazu Unterlagen, zu den Standards anfordern, erhalten wir sie nicht. Stattdessen wirft man uns vor, wir hätten Zeit genug zur Beratung gehabt.

Ja das ist die verschiedene Sichtweise.

Wenn wir freitags um 13.00h Unterlagen anfordern und diese dann erst 4 Stunden vor der Sitzung am nächsten Donnerstag erhalten, – aber auch erst, nachdem wir am Donnerstagmorgen noch einmal erinnert haben, – dann mag das jeder selbst beurteilen. Hunderte Seiten in 4 Stunden. Und dann fehlen auch noch zentral wichtige Unterlagen, wie ich schon erwähnte.

Es klingt schon ziemlich hilflos, uns heute vorzuwerfen wir würden keine Sparvorschläge bringen.

Wir haben interne Listen von Sparvorschlägen erstellt, die wir aber weiter prüfen und nachverfolgen müssen – auch mit Betroffenen besprechen wollen – dazu fehlt uns die Zeit.

Und Unterlagen, die wir erhalten haben, siehe Personalentwicklungskonzept, sind gelinde gesagt unbrauchbar.

Und nach § 77 der Gemeindeordnung ist eine Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer nur das letzte Mittel zur Deckung der Ausgaben. Zuvor sind zuerst alle Sparmaßnahmen auszuschöpfen. Diesbezüglich verweist der Innenminister darauf, dass ein erhebliches Einsparpotential bei den pflichtigen Aufgaben besteht. Hierzu ist vorrangig zu prüfen, ob und wie die bestehenden Pflichtaufgaben wirtschaftlicher, z.B. eine Absenkung der Standards, durchgeführt werden können. Des Weiteren sind im Rahmen der Aktualisierung des Personalentwicklungskonzepts Einsparmöglichkeiten im Personalhaushalt bis zum Ende des Zeitraumes der Haushaltssicherung zu prüfen und aufzuzeigen.

Ein Lob an die GRÜNEN – sie haben fleißig alle Diskussionspunkte aus den diesjährigen Beratungen aufgeschrieben und beantragt. Gut sie stellen das als ihre große Sparpolitik da. Legitim das so zu machen, aber Augenwischerei,
Herr Laufs sie sagten selbst: wir müssten den Haushalt genauer und länger anschauen. Warum machen wir es dann nicht? Die Zeit haben wir doch.
Stattdessen betreiben Sie in der Tat Augenwischerei:

  • Rückstellungen zu splitten ist nicht möglich – es besteht die Verpflichtung zu einer sogenannten „Drohverlustrückstellung“. Und das werden wir bei der Kommunalaufsicht prüfen lassen.
  • Merscher Höhe: ja das mag ja jeder beurteilen, ob die Streichung von 400.000 Euro für den Umbau wirklich gespart ist.
  • Zu den Zinseinsparungen sagt Herr Kohnen selbst, dass er die Mittel braucht, weil er klug und richtig jetzt Kredite in Festzinsen umschichten will, damit nicht später noch mehr Belastungen folgen. Ist das Sparen und Haushaltskonsolidierung?
  • Was 1% Zinserhöhung ausmacht, ist im HSK in keiner Weise berücksichtigt. Ca.- 1,5 Mio. Euro im Jahr – das sind gleich 35-40 Punkte Steuererhöhung bei Grund- und Gewerbesteuer.
  • Es bleibt die Gewässerunterhaltungsgebühr – 200.000 € – eine echte Einsparung

Darauf will ich noch etwas genauer eingehen: wir haben das von Anbeginn abgelehnt als Unsinn. Eine parallele Entwicklung wie beider Dichtheitsprüfung deutete sich an. Denn Kosten, Verwaltungsaufwand, Personalkosten… werden noch weiter aufgebläht.

10 Punkte Steuererhöhung würden das übrigens ausgleichen.

Wenn es uns nun gelungen ist, alle im Rat davon zu überzeugen, ist es nur logisch den Ansatz zu streichen.
Darauf ist die Verwaltung dann auch schon selbst gekommen, ähnlich wie die Verschiebung mancher Positionen ins nächste Jahr, weil sie dieses Jahr nicht umgesetzt werden.

Zum Abschluss (kann sich je nach Verlauf der Sitzung ändern)

Wir hätten gerne mehr Zeit und es wäre nichts verloren, da der Haushalt erst nach Verabschiedung der Jahresrechnung 2012 genehmigt werden kann. Also Ende des Jahres.

Selbst unser Minimalziel ist nicht erreicht. Der Verzicht auf eine Steuererhöhung. Damit würden die Bürgerinnen und Bürger und Gewerbetreibende Jülichs, genau nach unserem Antrag vom 12.06.2015, nicht weiter belastet.

Wir können daher diesem Haushalt nicht zustimmen.
Aber im nächsten Jahr ist alles anders – da sind wir ganz sicher!

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